Der deutsche Sonderweg in der Energiepolitik: Erfolgreich oder auf dem Holzweg?

Deutschland macht vieles anders als seine europäischen Nachbarn, gerade im Bereich der Energiepolitik. Sind wir auf dem richtigen Weg und alle anderen auf dem falschen? Und ist das der Grund für unsere Unbeliebtheit – sowohl in der EU, als auch beim Eurovision Song Contest?

Der deutsche Sonderweg in der Energiepolitik begann bereits im Jahr 2000 mit der Einführung des „Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ (EEG), das kostendeckende Vergütungen für erneuerbaren Strom gesetzlich verankerte, finanziert durch eine EEG-Umlage, die von allen Stromkunden gezahlt wird. Auch wenn andere Länder inzwischen ähnliche Regelungen eingeführt haben wurden doch nur selten so enorme Beträge bewegt wie in Deutschland: in 2021 allein wurden 37 Mrd. € umgesetzt, davon 23 Mrd. € durch die EEG-Umlage finanziert.

Die Erneuerbaren-Quote am Strommix konnte durch das EEG bis 2022 auf 43% gesteigert werden. Doch damit liegt Deutschland weltweit auf Platz 71, gleichauf mit Griechenland, weit hinter Portugal (60%) und nur knapp vor UK (42%) oder Italien (36%). Angesichts der sozial indifferenten und egalitären Finanzierung der EEG-Vergütungen durch alle Stromkunden, einschließlich staatlicher Leistungsbezieher, stellt sich die berechtigte Frage, ob andere europäische Staaten nicht bessere Lösungen gefunden haben.

Nächstes Beispiel: SmartMeter. Die Einführung intelligenter Zähler ist sinnvoll, insbesondere vor dem Hintergrund fluktuierender, erneuerbarer Erzeugung. Europäische Richtlinien sehen daher eine flächendeckende Einführung dieser Geräte bis 2020 (!) vor. In Deutschland wurde 2016 das „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ erlassen, das entsprechende Vorgaben machte. Diese waren jedoch so kompliziert, dass sie nicht umgesetzt werden konnten. Erst in diesem Jahr erfolgt eine Vereinfachung durch das „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“. Schon der Titel klingt recht deutsch, der Inhalt ist es erst recht. Zusammengefasst: „Wir haben es zu schwierig gemacht, so konnte es nicht klappen“. Infolgedessen gibt es in Deutschland bisher so gut wie keine Smart Meter, während viele andere europäische Länder Rollout-Quoten von 90% und mehr haben.

Es gibt viele weitere Beispiele dafür, dass Deutschland es irgendwie immer anders, komplizierter und in vielen Fällen teurer macht als seine europäischen Nachbarn, jedoch nur selten wirklich besser. Stichworte dazu sind Atomausstieg, Tempolimit auf Autobahnen, Gebäudeeffizienzklassen und vieles mehr.

Die deutschen Regelungen erfolgen meist in guter Absicht, sind aber nicht immer vorbildlich. Warum sollten wir es auch immer besser wissen? Leider treten wir häufig dennoch selbstsicher, robust und bisweilen missionarisch auf, wenn Bescheidenheit und Offenheit angebracht wären. Damit gewinnen wir keine Beliebtheitspreise. Ob dies auch unser Abschneiden beim Eurovision Song Contest erklärt, lasse ich mal dahingestellt…

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