Neues Jahr, altes Thema: muss Deutschland überhaupt klimaneutral werden?

Neues Jahr, altes Thema: muss Deutschland überhaupt klimaneutral werden? Immerhin sind wir weltweit nur für 1,8% der CO2-Emissionen verantwortlich.

Der größte Emittent, und das mit großem Abstand, ist China, das für satte 31% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist. Auch die USA tragen mit 14% der Emissionen deutlich mehr bei, als ihre Bevölkerungszahl vermuten lassen würde.

Aus diesem Grund hört man oft die These, dass es für das Klima kaum einen Unterschied mache, wenn Deutschland seinen Anteil an den Emissionen mit hohem Aufwand und gesellschaftlichen Wohlfahrtsverlusten auf Null bringt, denn entscheidend für das Weltklima sei ohnehin, was in China geschehe.

Ob China eine ambitionierte Klimaschutzpolitik betreibt oder nicht, ist kurioserweise umstritten. Denn einerseits baut China massiv seine Kapazitäten an Erneuerbaren aus, um sich unabhängiger von Kohle- und Ölimporten zu machen. Andererseits werden in China tatsächlich auch heute noch neue Kohlekraftwerke gebaut und geplant, um den zu erwartenden Energiehunger des Landes zu stillen. Statt Kohleaussteig ein Kohleinstieg also.

Tatsache ist jedenfalls, dass der CO2-Ausstoß Chinas sowohl pro Kopf als auch absolut jährlich steigt. Klimaneutralität strebt das Land erst für das Jahr 2060 an.

Aber diese Art der Betrachtung ist nur die halbe Wahrheit. Ein großer Teil von Chinas Emissionen resultiert aus der Produktion von Gütern für den Weltmarkt, also auch für Deutschland. Wenn man die CO2-Emissionen nicht nach den Emittenten, sondern nach den Endverbrauchern dieser Güter aufschlüsseln würde, würde der Anteil Chinas drastisch schrumpfen, während der Anteil Deutschlands und anderer Industrieländer steigen würde.

Ein Teil unserer vermeintlichen „CO2-Einsparungen“ war in Wahrheit nur eine Verlagerung CO2-intensiver Produktionsprozesse ins Ausland.

Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die Atmosphäre nur eine begrenzte Menge CO2 aufnehmen kann, bevor das angestrebte Ziel einer maximalen Erwärmung um 1,5°C überschritten wird. Das Verschmutzungsbudget ist also endlich und Deutschland hat es deutlich früher als andere Entwicklungsländer ausgeschöpft.

Würde man das CO2, das bereits in der Atmosphäre ist, nach Verursachern aufgliedern, würden Deutschland und andere Industriestaaten den Löwenanteil bilden. In gewisser Weise haben wir den Entwicklungsländern damit die Möglichkeit genommen, ihren Anteil zu nutzen. Eine zynische Betrachtungsweise, aber mit einem wahren Kern.

Und schließlich bleibt festzustellen, dass die Länder, die ähnlich niedrige oder sogar noch geringere Emissionen als Deutschland verursachen, zusammen mehr als 50% der CO2-Emissionen weltweit ausmachen. Wenn also alle „kleinen“ Emittenten nichts einsparen, dann könnte selbst ein klimaneutrales China unseren Globus nicht retten.

Es hilft nichts: Klimaschutz ist eine globale Aufgabe. Wir müssen alle mitmachen. Die Großen – und die Kleinen…

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