Auf der Suche nach einem Energiewende-„Plan B“

Gibt es eigentlich einen „Plan B“ für die Energiewende? Damit ist nicht gemeint, dass wir vom Ziel abrücken, bis 2045 klimaneutral zu sein, denn dazu gibt es angesichts des Klimawandels keine Alternative. Die Frage ist, ob wir nachjustieren können, wenn wir in 5 oder 10 Jahren merken, dass wir es mit den Instrumenten und Maßnahmen, die wir jetzt beschließen und in die Umsetzung bringen, nicht (rechtzeitig) schaffen werden…

Das Grundproblem ist, dass uns zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels nur noch ein festgelegtes Budget an CO2-Emissionen zur Verfügung steht. Dieses Budget wurde durch das Klimaschutzgesetz auf die Jahre bis 2045 aufgeteilt, ist aber in der Summe konstant. Jede Überschreitung in einem Jahr muss in Folgejahren kompensiert werden.

Man muss sich bewusst machen, was das heißt: wir beginnen nicht jedes Jahr bei „Null“. Die Zielüberschreitung aus einem Jahr führt dazu, dass wir diese in Folgejahren zusätzlich reinholen müssen! Das ist wie bei einer Diät, bei der man Kalorien zählen muss: für jedes Stück Sahnetorte, das man zu sich nimmt, muss man am Folgetag noch weniger essen. Und wenn das nicht reicht, muss man Zusatzkalorien durch Sport verbrennen. Jeder, der so eine Diät schon einmal ausprobiert hat, weiß, wie hart das sein kann.

Die Maßnahmen, die in Deutschland zur Zielerreichung vorgesehen sind, umfassen vor allem einen drastischen Ausbau von Wind- und Photovoltaikanlagen sowie eine Steigerung der Energieeffizienz. Parallel werden CO2-Emissionen durch nationale Emissionszertifikate verteuert, um CO2-neutrale Anwendungen, insbesondere eAutos und Wärmepumpen komparativ günstiger werden zu lassen.

Die Nutzung von Kernkraft, das Abscheiden und Speichern von CO2 (CCS) oder ein Geschwindigkeitslimit auf Autobahnen haben wir ausgeschlossen, weil wir glauben, uns das erlauben zu können. Ob das stimmt, wird sich noch zeigen…

Denn was passiert, wenn die geplanten Maßnahmen nicht reichen? Wie können wir „Zusatzkalorien verbrennen“?

Ein Tempolimit auf Autobahnen scheint mir vor diesem Hintergrund nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Werden wir CCS-Techniken doch nutzen? Vielleicht. Werden wir die Kernkraft wieder einführen? Wohl eher nicht. Und sonst? Mir fällt wenig ein.

Das ist bedenklich, weil es im Moment so aussieht, als müssten wir spätestens in der zweiten Hälfte der 20er Jahre eine „Aufholjagd“ starten. Tatsächlich reichen die bisherigen Maßnahmen nämlich nicht aus, insbesondere die Sektoren „Verkehr“ und „Gebäude“ überschreiten ihre Einsparziele erheblich. Anstatt jedoch über sinnvolle Gegenmaßnahmen nachzudenken, scheint es, dass die Sektorziele möglicherweise zusammengefasst werden, um dem FDP-Verkehrsminister die Notwendigkeit eines Tempolimits zu ersparen (meine Interpretation).

Wir sind also mit unseren Erneuerbaren-Ausbauzielen „zum Erfolg verdammt“. Das kann motivieren. Aber auch Angst machen…

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