In den Medien wird derzeit gefeiert, dass die Börsenpreise für Strom und Gas wieder auf das Niveau gefallen sind, das sie vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs hatten. Man liest außerdem häufig, dass das Abschalten der letzten Atomkraftwerke die Strompreise nicht wesentlich beeinflusst haben soll.
Diese Aussagen sind verwunderlich, denn die Preisniveaus unmittelbar vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs waren bereits auf einem Rekordhoch. Dass diese nach Ausbruch des Krieges neue Rekordhöhen erreichten ändert daran nichts. Tatsache ist, dass für Strom derzeit knapp unter 15 Cent aufgerufen werden, während noch 2020 ein Preis von etwas unter 5 Cent normal war. Die aktuellen Preise sind also immer noch dreimal so hoch wie noch vor drei Jahren.
Wann werden die Strompreise wieder sinken? Die ehrliche Antwort ist, dass viele Personen an einem Absinken der Strompreise gar kein Interesse haben. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern folgt der Marktlogik. Wir wollen und müssen die Erneuerbaren Erzeuger, insbesondere Wind- und Photovoltaik, in einem enormen, nie dagewesenen Tempo ausbauen. Dazu muss privates Kapital mobilisiert werden, denn aus Steuermitteln ist dieser Ausbau nicht zu stemmen. Und privates Kapital folgt der Rendite: je besser die Rentabilität einer Investition, desto mehr Kapital wird angezogen. Für den Ausbau der Erneuerbaren Energien wäre nichts schlimmer als ein Einbruch der Börsenstrompreise…
Leider behindern hohe Strompreise Elektrifizierungsprozesse, was Wärmepumpen und Elektroautos unbeliebt macht. Um diese trotzdem wettbewerbsfähig zu halten, werden die komparativen Kosten für fossile Energieträger (Benzin, Heizöl, Erdgas) erhöht, unter anderem durch eine CO2-Bepreisung. Hohe Kosten für fossile Energieträger wiederum treiben allerdings auch die Strompreise etwas nach oben, denn diese sind durch das Merit-Order-Prinzip stark korreliert mit den Preisen für Erdgas, Kohle und CO2-Zertifikate. Dieses Dilemma lässt sich nur durch eine Entkopplung der Strompreise von den Preisen für fossile Energien lösen – sozusagen „De-Coupling“ in anderem Zusammenhang.
Volkswirtschaftlich betrachtet stehen den Erzeugern erneuerbaren Stroms derzeit die „restliche“ Industrie und die privaten Endkunden gegenüber. Mehrerlöse der einen sind Mehrkosten der anderen. Dies kann kritische Folgen haben: während energieintensive Energiebetriebe über eine Verlagerung des Produktionsstandorts nachdenken, müssen private Verbraucher ihren Konsum drosseln, um die Energiekosten stemmen zu können.
Da wir in einer Marktwirtschaft leben trägt das Problem die Lösung bereits in sich: durch die hohen Strompreise werden Anbieter in den Markt drängen, was die Preise wieder sinken lassen wird. Dazu müssen aber die richtigen Weichen gestellt werden: es wird uns nicht weiterbringen, weiterhin Aktenberge aus Papier aufzutürmen, bevor ein Windrad genehmigt wird. Es muss jetzt schnell gehen, denn Zeit ist – im wahrsten Sinne des Wortes – Geld…
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