Viele Klimaschützer, gerade diejenigen, die zu radikalen Forderungen oder Protestformen neigen, würden die folgende Aussage unterstützen: Der Klimawandel ist eine so ernste Bedrohung, dass wir alles tun müssen, um diesen zu bekämpfen. Trotzdem scheinen viele auch Sympathie für eine abgewandelte Fassung des Refrains eines berühmten Meat-Loaf-Songs zu haben: „I would do anything for climate, but I won’t do that…“
Von vielen Klimaschützern abgelehnt werden beispielsweise Technologien, mit denen CO2 aus der Atmosphäre entfernt oder am Ort der Emission abgeschieden und gelagert wird. Diese sogenannten „Carbon Capture and Storage“-Techniken (CCS) werden gemieden wegen vermeintlicher „Endlager“-Probleme und weil diese angeblich einen Anreiz zur fortgesetzten Nutzung fossiler Energien bieten. In Deutschland wurde CCS darum bereits im Jahr 2012 durch das Kohlendioxidspeicherungsgesetz im Prinzip verboten. In Bezug auf diese Technologien ist aktuell – immerhin – ein Umdenken zu erkennen.
Außerdem umstritten ist der Einsatz genmanipulierter Nutzpflanzen, die beispielsweise eine höhere Resilienz gegen Dürre aufweisen oder gegen bestimmte Schädlinge immun sind. Das könnte den Einsatz von Pestiziden verringern oder ganz allgemein bessere Ernten ermöglichen, um die Nahrungsmittelsituation in ärmeren Ländern zu verbessern. Natürlich halten diese Pflanzen den Klimawandel nicht auf, helfen aber immerhin, mit den Folgen umzugehen.
Darüber hinaus gibt auch bei überzeugten Klimaschützern sogenannte „nimbys“, also Menschen, die viele Maßnahmen grundsätzlich richtig finden, aber nicht in der eigenen Nachbarschaft („not in my backyard“). Diese finden den Ausbau von Stromnetzen richtig, wollen aber keine Hochspannungsleitungen sehen, finden die Windkraft gut, wollen aber extreme Abstandsregelungen zu Wohngebieten durchsetzen, möchten die Bahn stärken, aber keine neuen Gleistrassen schaffen, begeistern sich für Photovoltaik, unterstützen aber Bürgerproteste gegen Freiflächenanlagen. Auch diese Menschen halten Klimaschutz für wichtig und richtig, wollen aber bestimmte Projekte bei individueller Betroffenheit ausgenommen wissen.
Die oben beschriebenen Phänomene sind menschlich und jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung. Zu behaupten, für den Klimaschutz müsse „alles“ getan werden, um dann doch Ausnahmen zu fordern, lässt aber argumentativ nun mal eine Lücke groß wie ein Scheunentor.
Wie wäre es damit: der Klimaschutz ist eine riesige Herausforderung. Wir müssen so viele Klimaschutzmaßnahmen umsetzen, wie wir können und müssen uns dabei von rationalen Erwägungen leiten lassen. Dabei wird es Gewinner und Verlierer geben, das müssen wir akzeptieren. Die nötige Transformation darf aber nicht zu sozialen Verwerfungen oder sogar Armut führen. Wir müssen daher auch andere Aspekte mitdenken, insbesondere sozial- und wirtschaftspolitische.
Wenn wir uns darauf einigen könnten, wäre doch schon etwas erreicht, oder?
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