Könnten wir das gesamte Erdgas durch Biogas ersetzen? So müssten wir nicht alle Erdgasheizungen austauschen und könnten das Erdgasnetz weiter nutzen!
Erdgas besteht hauptsächlich aus Methan. Dieses Gas lässt sich auch aus organischem Material gewinnen, also aus Biomasse. Das Verfahren ist nicht neu, in Deutschland werden derzeit rund 9.600 Biogasanlagen betrieben, in denen aus Gülle und Mist, Bioabfällen, Gras oder Mais durch Vergärung Biogas gewonnen wird.
Allerdings speisen nur rund 220 dieser Anlagen in das Erdgasnetz ein, der überwiegende Anteil des Biogases wird vor Ort zur Erzeugung von Wärme und Strom genutzt. Das liegt häufig daran, dass in der Nähe der Biogasanlagen gar kein Gasnetz liegt. Ein weiterer Grund ist aber, dass Biogas eine andere Zusammensetzung als Erdgas hat und vor einer Einspeisung aufwendig zu sogenanntem “Biomethan” aufbereitet werden muss. Das beeinträchtigt die Wirtschaftlichkeit.
Problematisch an Biogas ist leider auch, dass es im Allgemeinen nicht als klimaneutral gilt. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Für die Biomethan-Aufbereitung muss teilweise Propan verwendet werden – das aus Erdöl gewonnen wird.
- Bei der Ausbringung von Gärresten auf Äcker kann sich Lachgas (N2O) bilden, ein Treibhausgas mit 300-facher Klimawirkung von CO₂.
- Durch Leckagen in Biogasanlagen oder Lagerbehältern kann es zur Freisetzung von Methan kommen, ein Treibhausgas, das 30-mal so schädlich ist wie CO2.
Zu welchem Anteil Biogas klimaneutral ist, hängt stark von den verwendeten Ausgangsstoffen ab. Bei der Nutzung von Gülle und Mist werden Methan-Emissionen eingefangen, die sonst unkontrolliert in die Atmosphäre gelangen würden. In diesem Fall kann Biogas sogar klimapositiv sein. Aber Biogas aus Mais reduziert die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu Erdgas nur um etwa 50%. Klimaneutral werden wir so nicht.
Darüber hinaus bestehen die “üblichen” Biomasse-Probleme, insbesondere eine Beeinträchtigung von Biodiversität durch Monokulturen, das Teller-Tank-Problem, eine erhöhte Nitrat-Belastung der Böden und und und…
Trotzdem kann Biogas helfen, CO2-Emissionen zu vermeiden. Die – zugegebenermaßen wahrscheinlich nicht ganz neutrale – “Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)” geht davon aus, dass der Anteil von Biomethan am Gasverbrauch in Deutschland bis 2030 von derzeit etwa 1 % auf bis zu 40 % steigen könnte, sofern das gesamte verfügbare Biomassepotenzial genutzt wird.
Der BDEW schätzt, dass bis zum Jahr 2030 jährlich bis zu 100 Terawattstunden (TWh) Biomethan produziert und in das Gasnetz eingespeist werden könnten. Klingt gut. Allerdings liegt der deutsche Erdgasverbrauch derzeit bei etwa 840 Terawattstunden…
Das wirft die Frage auf, ob es sich lohnt, das gesamte Erdgasnetz für nur 12% der Menge aufrechtzuerhalten. Wäre dann ja pro Kilowattstunde achtmal so teuer…
Wir können das Erdgas also nicht vollständig durch Biogas ersetzen: zu teuer, zu wenig, nicht klimaneutral. Schade eigentlich…