Zeit für ein paar ehrliche Worte zu Wärmepumpen

Ist es richtig, für eine gute Sache zu lügen? Heiligt der Zweck die Mittel? Diese Fragen scheinen sich bei Wärmepumpen zu stellen. Denn einige Aussagen zu dieser Technologie sind blanker Unsinn. Wieso gibt es diese hanebüchenen Behauptungen?

Um den Gebäudebereich zu dekarbonisieren müssen Millionen Heizungen umgestellt werden. In vielen Fällen wird das Mittel der Wahl eine Wärmepumpe sein. Diese Technologie hat jedoch einen schlechten Ruf, man sagt ihr nach, dass sie teuer und ungeeignet für Bestandsgebäude sei.

Politiker und Experten versuchen, dem entgegenzuwirken und klarzustellen, dass man mit Wärmepumpen sogar billiger als mit Gas heizen kann. Darüber hinaus seien Wärmepumpen auch für Bestandsgebäude geeignet. Dabei beruft man sich auf verschiedene Studien, die das scheinbar belegen.

In Deutschland hat beispielsweise das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme (ISE) eine Feldstudie durchgeführt, die mit dem Fazit endete: „Auch in Bestandsgebäuden funktionieren Wärmepumpen zuverlässig“. Gleichwohl beinhaltete die Studie beispielsweise ein Gebäude mit Baujahr 2000, dessen Wärmepumpe lediglich mit einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 1,5 arbeitete oder eines mit Baujahr 1989 mit einer JAZ von 1,8. In einigen Gebäuden wurden fossile Heizungen parallel zur Spitzenlastabdeckung betrieben, was die Aussagekraft zum Wärmepumpenbetrieb natürlich schmälert. Davon liest man in der jubilierenden Pressemitteilung nichts…

Der WWF Deutschland hat eine Berechnung bei der Prognos AG in Auftrag gegeben, die zu dem Schluss kommt, dass Wärmepumpen langfristig günstiger als Gasheizungen seien, trotz höherer Anschaffungskosten. Im einem Beispielfall sollen sich die Mehrkosten bereits nach einem Jahr durch geringere Betriebskosten rechnen! Einige Annahmen der Studie lassen sich aber nicht ohne weiteres auf den deutschen Gesamtgebäudebestand übertragen. So wurde mit Investitionskosten von 36.000 Euro gerechnet – inklusive weiterer Sanierungsmaßnahmen wie Tausch von Fenstern oder Dämmung der Fassade. Das wird nicht überall reichen.

Es gibt weitere Studien und Webseiten im In- und Ausland, die den Eindruck erwecken, dass Wärmepumpen (fast) immer die wirtschaftlich bessere Alternative zu Gasheizungen sind oder dass praktisch jedes Gebäude ohne nennenswerte Renovierungen mit einer Wärmepumpe beheizt werden kann.

Viele dieser Studien erwecken leider den Eindruck, dass man lediglich nach einer Begründung für eine vorher feststehende Aussage gesucht hat. Sie enthalten fragwürdige Methoden, problematisch einseitige Schlussfolgerungen, offenkundige Auslassungen oder halbseidene Annahmen.

Häufige Fehler sind:

  • Wichtige Informationen werden nicht in das Fazit der Studie aufgenommen, sondern sind allenfalls im Kleingedruckten zu finden. Dazu gehört beispielsweise, dass zusätzlich zum Einbau einer Wärmepumpe auch weitere energetische Sanierungen (z.B. Austausch von Heizkörpern oder Fenstern) durchgeführt werden müssen.
  • Die in einer Studie untersuchten Gebäude sind nicht repräsentativ für den gesamtdeutschen Bestand. Insbesondere sind ältere Gebäude unterdurchschnittlich vertreten oder man betrachtet lediglich Einfamilienhäuser.
  • Es wird angenommen, dass Strom lediglich doppelt so teuer ist wie Gas. Tatsächlich ist Strom dreimal so teuer wie Gas. Je teurer aber der Strom (im Verhältnis zum Gas), desto weniger rentieren sich die höheren Anschaffungskosten der Wärmepumpe.
  • Die Anforderungen an eine Heizung werden gesenkt, indem beispielsweise gesagt wird, dass es nur wenige sehr kalte Tage gibt, an denen die Wärmepumpe Probleme bekommen könnte. Die meisten Hauseigentümer wollen aber *immer* eine angemessene Wohnraum-Temperatur, nicht *meistens*.
  • Es wird behauptet, der Strom für die Wärmepumpe könne zu einem großen Teil aus einer hauseigenen Photovoltaik-Anlage bezogen werden. Das wird jedoch höchstens bei der Brauchwasser-Erwärmung gelingen. Heizstrom im Winter wird man kaum aus einer PV-Anlage gewinnen können, weil es im Winter dafür viel zu dunkel ist.
  • Es wird von einer Ausnutzung sämtlicher Fördermöglichkeiten ausgegangen. Nicht alle Förderprogramme sind aber einschlägig, nicht jeder qualifiziert sich dafür.
  • Es werden großzügige Verallgemeinerungen vorgenommen. Wenn eine Studie belegt, dass Wärmepumpen in vielen Bestandsgebäuden funktionieren, wird behauptet, dass Wärmepumpen für Bestandsgebäude geeignet sind. Ja, sind sie. Aber natürlich nicht für alle.
  • Es wird kein Unterschied gemacht zwischen „funktionieren“ und „effizient funktionieren“. Wenn eine Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl kleiner 3 arbeitet, dann „funktioniert“ sie. Aber eben nicht effizient – und nicht wirtschaftlich.
  • Man versteckt sich hinter Durchschnittswerten. Wenn „im Durchschnitt“ eine Jahresarbeitszahl von 3,1 erreicht wurde schließt das nicht aus, das es Gebäude gab, die deutlich schlechtere Jahresarbeitszahlen aufwiesen und in denen Wärmepumpen demnach nur ineffizient arbeiten.
  • Es werden logisch falsche Schlüsse gezogen. Beispielsweise wird darauf hingewiesen, dass 80% der Wärmepumpenbesitzer zufrieden mit ihrer Heizung sind. Das bedeutet nicht, dass 80% der heutigen Gasheizungsbesitzer ebenfalls zufrieden mit einer Wärmepumpe wären.

Disclaimer: natürlich treffen nicht alle Defizite auf die oben genannten Studien zu.

Es ist prinzipiell nachvollziehbar, warum solche Aussagen getroffen werden, insbesondere von Enthusiasten der Energie- und Klimawende. In Zeiten von Social Media besteht die Gefahr, dass jeder Einzelfall, in dem eine Wärmepumpe nicht funktioniert, aufgeblasen und übertrieben wird, um weitere Stimmung gegen Wärmepumpen zu machen. In diesem Sinne versucht man „Feuer mit Feuer“ zu bekämpfen und Belege für die Effizienz und Funktionalität ebenfalls übertrieben darzustellen. Frei nach dem Motto: „Der Zweck heiligt die Mittel“.

Auf diese Weise wird der Wärmewende aber ein Bärendienst erwiesen. Denn natürlich sind Wärmepumpen *nicht* überall sinnvoll einsetzbar. Tatsache ist:

  • In vielen Gebäuden sind Renovierungsmaßnahmen erforderlich, damit eine Wärmepumpe angenehme Raumtemperaturen erzeugen kann. Manchmal genügen einfache und kostengünstige Maßnahmen, wie ein Austausch kleiner gegen große Heizkörper. Manchmal sind aber auch weitere Maßnahmen erforderlich wie ein Austausch der Fenster oder sogar eine Dämmung der Fassade.
  • In vielen Gebäuden funktionieren Wärmepumpen zwar, sie arbeiten aber leider wenig effizient. Eine Mindest-Arbeitszahl von 3 lässt sich nicht in allen Gebäuden erzielen – jedenfalls nicht ohne Renovierungen.
  • Bei heutigen Gas- und Strompreisen amortisiert sich eine Wärmepumpe in vielen Fällen nicht, heizen mit Gas wäre also günstiger. Das ist der Grund, warum Gasheizungen, die mit reinem Erdgas betrieben werden, verboten wurden. Ein Verbot wäre ja gar nicht notwendig gewesen, wenn Gasheizungen teurer als Wärmepumpen gewesen wären, denn die meisten Hausbesitzer rechnen durchaus mit spitzem Bleistift. Preissteigerungen beim Erdgas, beispielsweise durch eine höhere CO2-Bepreisung, können die Relation natürlich verändern.
  • In vielen Gebäuden können Wärmepumpen nur mit großem Aufwand eingebaut werden. Dazu zählen beispielsweise Wohnungen in Mehrparteienhäusern mit Etagenheizungen, von denen es etwa 5 Millionen in Deutschland gibt. In diesen Gebäuden müssen in der Regel die Etagenheizungen durch eine Zentralheizung abgelöst werden, was die Neuverlegung von Heizwasserleitungen im ganzen Gebäude erfordert – und Streit in der Eigentümerversammlung garantiert.
  • Der Strom zum Betrieb einer Wärmepumpe kann meistens nicht zu einem wesentlichen Prozentsatz aus einer hauseigenen Photovoltaik-Anlage bezogen werden. Meistens ist es in der Hauptanwendungszeit von Wärmepumpen, im Winter, einfach zu dunkel. Außerdem gibt es nicht immer eine hauseigene Photovoltaik-Anlage, die nutzbar wäre. Das trifft beispielsweise auf die Mehrzahl der Mehrparteienhäuser zu.

Diese Tatsachen werden in vielen Studien leider verschwiegen oder verschämt in den Anhang verbannt. Auch Politiker glänzen leider häufig mit Auslassung zu diesen unangenehmen Punkten.

Dubiose Studien, einseitige Aussagen von Politikern, teilweise große Hürden in der Praxis: ist der Wärmepumpen-Hype übertrieben? Hält die Technologie etwa nicht, was sie verspricht?

Doch, das tut sie! Wärmepumpen sind eine hocheffiziente Form der Heizung, die in Millionen Gebäuden eingesetzt werden kann. Aber nicht in allen.

Der Hype der Wärmepumpe resultiert vielleicht auch daraus, dass wir für die Gebäude, in denen eine Wärmepumpe nicht sinnvoll einsetzbar ist, kaum Alternativen haben. Das trifft erst recht auf die Gebiete zu, die nicht durch ein Fern- oder Nahwärmenetz erschlossen werden sollen.

Wenn Erdgas, Erdöl, Fernwärme und Wärmepumpen nicht in Frage kommen bleibt realistisch nur noch Biomasse, sprich eine Holzheizung, sei es als Pelletheizung oder in anderer Form. Die ist aber ebenfalls nicht überall einsetzbar (bspw. wegen Platzproblemen, man denke an Etagenheizungen…) und auch deren Klimanützlichkeit ist neuerdings umstritten. Dazu das Umweltbundesamt: „Heizen mit Holz ist entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht klimaneutral.“ Folgerichtig hat das Umweltbundesamt vor wenigen Wochen die Nutzung von Holzenergie auf „klimaschädlich“ herabgestuft und einen „CO2-Rechner“ auf der Internetseite entsprechend angepasst. Die Verbrennung einer Tonne Holz wird jetzt mit einer Emission von 1,77 Tonnen CO2 gleichgesetzt. Gerüchte über eine CO2-Abgabe auf Brennholz machten schnell die Runde, wurden aber – vorerst jedenfalls – vom Wirtschaftsministerium dementiert. Aber wer weiß…

Heizen mit Holz ist also ebenfalls problematisch. Na gut, dann eben nicht. Aber was macht ein Hausbesitzer, der keine Wärmepumpe einsetzen kann und der nicht an ein Fernwärmenetz angeschlossen wird?

An dieser Stelle haben unsere Planungen zur Wärmewende eine klaffende Lücke und wir überlassen die Lösung des Problems den betroffenen Hausbesitzern, denen kaum etwas anderes übrig bleibt, als ihr Gebäude mit umfangreichen Sanierungen „wärmepumpentauglich“ zu machen. Wer sich das nicht leisten kann, muss sein Gebäude vielleicht sogar verkaufen.

Diese hässliche Wahrheit will derzeit kaum jemand wahrhaben, obwohl sie durchaus ausgesprochen wird. Aber scheinbar von den falschen Leuten. Lieber betont man, dass Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden „funktionieren“.

Mit dieser Art der einseitigen Kommunikation beschädigt die Politik ihre Glaubwürdigkeit. Denn der Zweck heiligt *nicht* die Mittel. Wenn alle Akteure mehr oder weniger die Unwahrheit sagen braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Wähler irgendwann niemandem mehr vertraut und TikTok für eine ebenso seriöse Nachrichtenquelle hält wie redaktionelle Medien.

Alle Beteiligten, insbesondere die Bundesregierung, täten gut daran, differenziert zu kommunizieren. Wärmepumpen sind ganz ohne Frage der wichtigste Baustein der Wärmewende. Viele Bedenken sind unbegründet, Wärmepumpen funktionieren in den meisten Bestandsgebäuden effizient und erforderliche Sanierungsmaßnahmen beschränken sich häufig auf kostengünstige Umbauten, wie z.B. einen Austausch der Heizkörper. Durch geringere Betriebskosten amortisieren sich Mehrkosten bei der Installation – meistens.

Dieses „meistens“ ist aber wichtig: wir dürfen nicht so tun, als gäbe es keine Ausnahmen. Und wir müssen Wege finden, allen Hausbesitzern einen Weg zum klimaneutralen Heizen aufzuzeigen und finanzierbar zu machen.

Wegsehen hilft nicht. Nur ehrliche Kommunikation ist glaubwürdig!

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