Streit um Strom: Bringt Deutschlands Energiewende Europa gegen uns auf?

Werfen uns die EU-Nachbarn bald aus dem europäischen Strom- und Gasverbundnetz raus, wenn wir mit der Energiewende so weitermachen? Erste Warnsignale gibt es…

Der europäische Binnenmarkt erstreckt sich auch auf Strom und Gas. Leider ist der Energiebinnenmarkt aber – wie so vieles in der EU – unvollendet, denn obwohl die EU dafür zuständig ist verbleiben wesentliche Aufgaben bei den nationalen Regierungen.

Dazu gehören die Regelung zulässiger Energiequellen und die Genehmigung von Kraftwerken. Und so fördert und baut Frankreich Atomkraftwerke, während Deutschland sie abschaltet.

Die Folgen der nationalen Energiepolitik strahlen durch den Binnenmarkt auf alle europäischen Länder aus. Denn Händler kaufen Strom dort, wo er am billigsten ist. Und Produzenten verkaufen dort, wo Strom am teuersten ist.

Ein dänischer Windmüller verkauft seinen Strom daher gerne nach Deutschland, wenn der Preis hier höher ist als in Dänemark. Für die dänischen Energiekunden bedeutet das, dass sie entweder leer ausgehen – oder ebenfalls mehr bezahlen müssen, um an der Börse einen Zuschlag zu erhalten. Deutsche Nachfrage treibt also die Preise auch im Ausland.

Umgekehrt wird häufig auch Strom aus deutschen Windkraft- und Photovoltaikanlagen in das europäische Ausland verkauft, gerade in Überschusszeiten. Manchmal sogar zu Preisen von Null Euro oder darunter. Gut für französische Verbraucher, schlecht für die dortigen Kraftwerksbetreiber. Und schlecht für die deutschen Steuerzahler, die das über die EEG-Vergütungen auch noch subventionieren müssen.

Unsere Energiewende beeinflusst durch den Binnenmarkt unsere Nachbarländer. Und die finden das teilweise gar nicht witzig.

Die französischen Politiker Jordan Bardella und Éric Ciotti forderten dieses Jahr bereits, Frankreich vom europäischen Strombinnenmarkt zu lösen, um günstige Strompreise durch eine autonome Stromproduktion zu garantieren. Das ist natürlich gar nicht möglich, weil dazu die europäischen Verträge geändert werden müssten.

Aber manchmal genügt ja die Macht des Faktischen. So hat Schweden den geplanten Bau der Stromleitung „Hansa PowerBridge“ zwischen Südschweden und Deutschland gestoppt, weil das die schwedischen Strompreise negativ beeinflusst hätte.

Auch die norwegische Regierung erwägt, Stromverbindungsleitungen nach Dänemark zu kappen, um steigenden Strompreisen im eigenen Land entgegenzuwirken.

Und nach den jüngsten deutschen Preiskapriolen im Dezember aufgrund einer Dunkelflaute sagte die schwedische Energieministerin @Ebba Busch: „Ich bin wütend auf die Deutschen. Sie haben eine Entscheidung für ihr eigenes Gebiet getroffen, wozu sie das Recht haben. Aber es hat gravierende Folgen.“ Und weiter: „Wenn der Wind nicht weht, bekommen wir mit diesem gescheiterten Stromsystem hohe Strompreise.“

Harte Worte. Ist was dran? Wir sollten zumindest mal drüber nachdenken. Und mit unseren Nachbarn ins Gespräch kommen. Vielleicht muss die Energiewende europäisch gedacht werden.

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