Die unten abgebildete Grafik von Naturstrom zeigt eindrucksvoll, dass Deutschland bei Smart Metern angeblich das Schlusslicht Europas bildet. Sie ist nur leider falsch.
Vor kurzem machte die von Naturstrom verbreitete Grafik die Runde, basierend auf einer Studie des europäischen Thinktanks Bruegel und Daten der europäischen Regulierungsagentur ACER. Medien wie „Chip“ griffen die Darstellung dankbar auf – dort war von der „peinlichen Grafik“ die Rede, die zeige, wie weit Deutschland bei intelligenten Stromzählern zurückliegt.
Immerhin wurde dort auch auf eine Ursache der Misere hingewiesen. Zitat von Bastian Gierull (Octopus Energy): „Wir haben das komplexeste System mit den aufwändigsten Zertifizierungen entwickelt.“
Und tatsächlich: Der Vergleich hinkt nicht nur, er steht grundsätzlich windschief. In Deutschland ist der Einbau eines Smart Meters – hierzulande „intelligentes Messsystem“ genannt – gar nicht bei allen Verbrauchern und Einspeisern vorgeschrieben. Nur Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch über 6.000 kWh müssen eines bekommen, was gerade einmal etwa 10 % der deutschen Haushalte betrifft. Einspeisezähler müssen erst seit 2023 ab einer Leistung von 1 kW umgerüstet werden. Zuvor lag diese Grenze bei 7 kW, was viele kleine Photovoltaikanlagen ausschloss.
Rollout-Quoten, die alle Zähler in Deutschland als Bezugsgröße nehmen, verzerren daher das Bild erheblich. Korrekt wäre es, die Zahl der installierten Smart Meter auf die tatsächlich verpflichteten Einbaufälle zu beziehen – so wie es die Bundesnetzagentur macht. Die gibt die Rollout-Quote zum 31. Dezember 2024 mit immerhin 14 % an. Deutschland ist damit nicht das Schlusslicht: Ungarn (9 %), Tschechien (3 %), Griechenland (1 %) oder Bulgarien (0 %) sind noch weiter hinten. Und Belgien (35%) oder Polen (27%) sind auch nicht so viel weiter.
Dass es in Deutschland nur langsam vorangeht, liegt übrigens nicht an den Netzbetreibern. Sondern an den teils absurden Anforderungen, die die Politik aufgestellt hatte. Lange Zeit durften Smart Meter in Deutschland nicht einmal mit der normalen Post oder als Frachtsendung verschickt werden. Stattdessen mussten sie in speziell gesicherten Boxen transportiert werden – auf einem Sicherheitsniveau, wie es sonst für Munition vorgeschrieben ist. Erst das „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“ der Ampel-Regierung hat diese Vorschriften etwas gelockert. Gut so – nur hätte man das natürlich auch schon eher haben können.
Ob Deutschland also wirklich „peinlich“ weit hinten liegt? Ja, wir haben Nachholbedarf, weil wir uns mit überbordender Bürokratie selbst ins Knie geschossen hatten. Aber wir holen auf. Ganz so schlimm wie die Grafik es darstellt, ist es nicht.