Ist es ein Widerspruch, Erdgasheizungen abzuschaffen, aber gleichzeitig Gaskraftwerke zu bauen?
Eigentlich ist die Sache klar: um klimaneutral zu werden, müssen wir fossiles Erdgas durch klimaneutrale Energieträger ersetzen.
Das können auch gasförmige Moleküle sein, beispielsweise Biomethan aus Pflanzen oder Gülle, synthetisches Methan, das aus grünem Wasserstoff durch Zugabe von Kohlenstoff künstlich hergestellt wird, oder auch grüner Wasserstoff selbst.
Allein, so schallt es landauf landab: wir werden nicht genug gasförmige Energieträger haben, um Erdgas zu ersetzen, weder Biogas, noch Wasserstoff, noch synthetisches Methan. „Wasserstoff ist der Champagner der Energiewende“, lautet ein Bonmot in informierten Kreisen. Soll heißen: er ist nützlich, aber knapp und deswegen teuer. Wir müssen uns daher gut überlegen, wo wir Wasserstoff einsetzen und das am besten dort tun, wo es keine Alternativen gibt.
Im Bereich der Gebäudeheizung gibt es Alternativen, insbesondere Wärmepumpen. Und so entschied die Ampel-Regierung in ihrer Weisheit zunächst, den Einbau von Gasheizungen zu verbieten, um im Angesicht massiver Proteste kurz darauf zurückzurudern und den Einbau doch weiterhin zuzulassen – sofern der Betrieb ab 2029 anteilig mit grünen Gasen erfolgt, ab 2045 vollständig.
Ob das überhaupt gelingen kann angesichts eines drohenden Rückbaus der Gasnetze sowie begrenzt verfügbarer Grüngasmengen, ist mehr als fraglich. Und so kann man (spätestens) seit 2024 niemandem mehr guten Gewissens zum Einbau einer Gasheizung raten.
So weit, so nachvollziehbar. Gleichzeitig versuchte die Ampelregierung aber ein weiteres Problem zu lösen: Dunkelflauten. Wenn kaum Wind weht und die Sonne nicht scheint, können Erneuerbare nicht liefern. Gut wäre, wenn man den Sonnen- und Windstrom speichern könnte, um wie die Ameise in Äsops Fabel für schlechte Zeiten vorzusorgen.
Und das geht auch: indem man ihn zur Wasserstoffherstellung nutzt. Diesen kann man dann in Dunkelflauten wieder verstromen. Der Strom ist dann natürlich „Champagner-Strom“, aber besser Schampus als gar nix…
Als Ersatz für alte Kohlekraftwerke und zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit sollen einige Dutzend neue Gaskraftwerke gebaut werden. Und weil es grünen Wasserstoff ja noch gar nicht gibt, wir die Kohlekraftwerke aber am liebsten gestern abschalten wollen, sollen diese erstmal mit Erdgas betrieben werden.
Das führt dazu, dass wir gleichzeitig Erdgasheizungen ausbauen, und Erdgaskraftwerke bauen. Für den ein oder anderen ist das ein Widerspruch.
Und es ist ja auch einer. Es sei denn, wir können die Kraftwerke sehr schnell wie geplant auf Wasserstoff umstellen. Ob (und wann) das gelingt, ist aber leider sehr unsicher, denn weder Elektrolyseure noch Wasserstoffturbinen sind in großer Zahl in Sicht…
Die nächste Regierung wäre gut beraten, den Wasserstoffhochlauf zu fördern. Denn Erdgaskraftwerke bauen, aber Erdgasheizungen abschaffen, lässt sich sonst nur schwer vermitteln.