Die Energiewende hat ein “Weihnachtsmannproblem”

Der sympathische, bärtige Altruist muss das ganze Jahr über eine gewaltige Infrastruktur am Laufen halten: eine Nordpolbasis, tausende Elfen, einen Zauberschlitten… Und alles nur für einen magischen Tag im Jahr. So ähnlich wird es mit der Stromversorgung auch werden müssen.

Denn es kommt nicht nur darauf an, dass wir genügend Strom erzeugen. Wir müssen ihn auch zur richtigen Zeit erzeugen können, sprich: genügend Leistungskapazität haben. Dass Strom nicht nur als Arbeit, sondern auch als Leistung gemessen wird, wird leider häufig vergessen. Deswegen sind die beeindruckenden 54% des Strombedarfs, die derzeit schon erneuerbar erzeugt werden, leider auch nur ein Schönwettererfolgserlebnis, im wahrsten Sinne des Wortes.

Denn der höchste Leistungsbedarf tritt in Deutschland üblicherweise im Dezember oder Januar auf, wo die Photovoltaik kaum etwas beitragen kann und auch der Wind nicht immer weht. Bisher werden an diesem “magischen Tag” der Spitzenlast immer rund ca. 75 Gigawatt benötigt, um das Licht an und alle Fabriken am Laufen zu halten. Es wird geschätzt, dass es mit Zunahme von Wärmepumpen und Elektroautos bald 120 Gigawatt sein werden.

Das ist die Leistung, die unser Kraftwerkspark erneuerbar (!) erzeugen können muss. Auf den ersten Blick haben wir damit kein Problem, denn inzwischen sind 93 Gigawatt Photovoltaik-Erzeugungskapazität und 72 Gigawatt Windleistung installiert. Mehr als wir brauchen, könnte man denken.

Aber natürlich erzeugen die Erneuerbaren nicht nach Bedarf. Wir müssen daher zusätzlich noch Reservekraftwerke bauen, um die Spitzenlast im Notfall auch ohne Wind und Sonne erzeugen zu können.

Alternativ können wir versuchen, die Nachfrage zu drosseln, um sie der #Erzeugungskapazität anzupassen. Das passiert aber auch heute schon, denn wenn der Spotmarktpreis steigt, sinkt die Nachfrage. Dieser Marktmechanismus gleicht Angebot und Nachfrage ab und verhindert Stromausfälle. So sorgten die tageweise hohen Preise im November und Dezember (bis zu 94 Cent pro Kilowattstunde!) dafür, dass einige industrielle Großverbraucher ihre Produktion einstellen mussten. Gut für die Versorgungssicherheit. Schlecht für das Bruttoinlandsprodukt.

Der Marktpreismechanismus schützt uns aber nur solange vor Stromausfällen, wie es zuschaltbare Kraftwerke gibt. Wenn wir keine Reservekraftwerke mehr haben, kann der Preis ins Unendliche steigen und es käme trotzdem zum Blackout.

Das steht uns nicht unmittelbar bevor, denn noch sind rund 67 Gigawatt konventionelle Kraftwerke, insbesondere #Kohlekraftwerke, am Netz. Die sollen allerdings alle abgeschaltet werden. RWE-Chef Markus Krebber sagte deswegen vor kurzem nicht ohne Grund: “Das Energiesystem sollte nicht auf Kante genäht sein”.

Bei der #Energiewende müssen wir also denken wie der Weihnachtsmann und eine Reserve-Infrastruktur bauen. Selbst wenn wir sie nur einen magischen Tag im Jahr brauchen.

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