Gas-Pipelines von Russland in die Ukraine und nach Westeuropa gab es schon zur Zeit des kalten Krieges. Weil die Gasversorgung sicher und (durch russische Subventionen) billig war, entstand in der Ukraine eine energieintensive Industrie.
Nach dem Ende des kalten Krieges wollten die Russen jedoch auf einmal Weltmarktpreise für ihr Gas. Das führte immer wieder zu Diskussionen und Lieferstopps – der Wikipedia-Artikel zum ukrainisch-russischen Gasstreit füllt mehrere Seiten. Irgendwann hatten die Deutschen keine Lust mehr auf das Theater und bauten NordStream…
Letztlich einigte man sich aber immer zähneknirschend und der #Gastransit durch die Ukraine ging weiter. Daran änderte nicht einmal der Ausbruch des Krieges im Februar 2022 etwas. Der seinerzeit geltende Transitvertrag wird bis zum heutigen Tag erfüllt. Die Ukrainer leiten das Gas nach Westeuropa weiter und erhalten von Russland dafür ein Transitentgelt, das jährlich mehr als eine Milliarde Euro betragen soll.
Eine kuriose Situation: zwei Länder im Krieg, die trotzdem Geschäfte miteinander machen. Verträge sind offenbar einzuhalten, selbst wenn man sich am anderen Landesende gegenseitig totschießt.
Von dieser Situation profitieren unter anderem die Österreicher, die bis zu 98% ihres Gasbedarfs aus Russland importieren.
Die Ukrainer selbst kaufen angeblich seit Ende 2021 kein Gas mehr in Russland, sondern sind nur noch als Transporteure tätig. Tatsächlich stammen die ukrainischen Gaslieferungen immer noch teilweise aus Russland, sie werden nur über Westeuropa geleitet. Genau wie eine Geldwäsche gibt es offenbar auch eine “Gaswäsche”. Oder nennt man das „West-Washing“?
Der aktuell geltende Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine läuft Ende 2024 aus. Der ukrainische Gasversorger Naftogaz of Ukraine hat angekündigt, diesen nicht zu verlängern, worauf die Russen darauf hinwiesen, dass das ja wohl eine Entscheidung des ukrainischen Netzbetreibers “Operator GTS Ukraini LLC” sei. Die Russen als Hüter der Marktrollentrennung – noch ein Kuriosum.
Tatsächlich ist es aber durchaus möglich, dass Russland auch in 2025 noch Gas über die Ukraine nach Westeuropa exportiert. Denn auch ohne einen langfristigen Transitvertrag können nach geltenden Marktregeln Transportkapazitäten kurzfristig beim Gasnetzbetreiber gebucht werden.
Alternativ könnten die Russen ihr Gas auch über das EU-Land Bulgarien nach Westeuropa leiten. Bulgarien hat aber eine Transitsteuer auf russisches Gas eingeführt (kurios: um Druck auf Österreich auszuüben). Der Transport durch die #Ukraine könnte also billiger sein, Krieg hin oder her.
Und so ist es vielleicht weiterhin die Ukraine, die Russland Profite mit Erdgas ermöglichen wird. Letztes Kuriosum: die Sprengung der #Nordstream-Pipelines erfolgte dem Wall Street Journal zufolge mit Billigung der ukrainischen Staatsführung. Aber selbst macht man weiter Geschäfte mit Russland?