Bisher war es üblich, feste Strompreise für bestimmte Zeiträume zu vereinbaren. Nun sollen dynamische Tarife eingeführt werden, bei denen der Preis pro Kilowattstunde vom Zeitpunkt des Verbrauchs abhängt. Warum dieser Wandel – und wer profitiert davon?
Ein Treiber dieser Entwicklung sind potentielle Engpässe im Stromnetz. Insbesondere durch die vermehrte Einführung von Wärmepumpen und Elektromobilen könnten lokale Überlastungen auftreten, wenn beispielsweise an einem kalten Wintertag, an dem viele Wärmepumpen laufen, auch noch viele Elektroautobesitzer mehr oder weniger gleichzeitig anfangen, die Akkus zu laden. Um das zu verhindern hat die Bundesnetzagentur einen Regelungsentwurf vorgelegt, der es den Netzbetreibern erlauben würde, die Bezugsleistung bestimmter Anlagen zu drosseln. Im Gegenzug wird ein reduziertes Netzentgelt abgerechnet.
Der andere Treiber dieser Entwicklung ist die vermehrte Einbindung erneuerbarer Erzeugungsanlagen in den Kraftwerkspark. Deren Erzeugungsleistung ist nicht regelbar, sondern wetterabhängig, was dazu führt, dass die Börsenstrompreise, die viertelstundenscharf gehandelt werden, stark schwanken und teilweise negativ sind. In Zeiten sogenannter „Dunkelflauten“ hingegen steigen die Preise stark an, weil die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt.
Das lässt auch die Endkundenpreise steigen, weil die Energieversorger höhere Risikoaufschläge einpreisen müssen. Um dem entgegenzuwirken sollen Stromlieferanten demnächst verpflichtend sogenannte „dynamische Tarife“ anbieten, bei denen die Abrechnungspreise – wie im Großhandel – abhängig vom Zeitpunkt des Verbrauchs und vom Börsenstrompreis schwanken können.
Die Zeiträume, in denen Verbraucher von vergünstigten Entgelten profitieren, sind bei den obigen Regelungen wahrscheinlich nicht deckungsgleich. Die Börsenstrompreise sinken in Zeiten mit hoher Erzeugungsleistung, beispielsweise wenn die Sonne scheint und viel Wind weht. Das sind häufig auch die Zeiten, in denen die Netze hoher Last ausgesetzt sind. Während also die Börsenpreise Verbrauch anreizen, könnten die Netzbetreiber zur Drosselung gezwungen sein…
In vielen Medien werden derzeit die Vorteile dynamischer Stromtarife hervorgehoben. Durch Verlagerung des Stromverbrauchs in Zeiträume mit günstigen Preisen können Verbraucher Einsparungen erzielen. Die Frage ist, in welchem Maße Kunden bereit sein werden, ihr Verhalten den Preissignalen anzupassen. Die Steuerung von Wärmepumpen oder Wallboxen kann ggf. technisch optimiert werden. Viele andere Haushaltsverbraucher wie z.B. Waschmaschine oder Wäschetrockner müssten bewusst zu bestimmten Zeiten betrieben werden. Ob viele Kunden dazu bereit sind, muss sich noch zeigen.
Tatsache ist, dass jeder Chance auch ein Risiko gegenübersteht. Wer einen dynamischen Stromtarif bucht, sein Verbrauchsverhalten dann aber nicht kontrolliert, könnte letzten Endes auch mit Mehrkosten konfrontiert sein.
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