Leipzig – zwischen Völkerschlacht und Netzstabilität

Wer heute durch Sachsen fährt, versteht sehr schnell, warum Netzbetreiber gelegentlich an ihrer Belastungsgrenze arbeiten. Der Osten Deutschlands ist bereits großflächig mit Windkraftanlagen zugepflastert – und es wird weitergebaut. Eine beeindruckende Ingenieursleistung. Man möchte dennoch unwillkürlich den Netzbetreibern eine Packung Aspirin reichen. Denn alles, was hier eingespeist wird, muss ja auch irgendwo hin.

Als ich vor einigen Tagen im Osterurlaub für ein paar Tage nach Leipzig über die Autobahn anreiste, war das Wetter traumhaft: Sonne satt, blauer Himmel. Und kein einziges #Windrad drehte sich. Kein technischer Defekt, keine Flaute – schlichtweg keine Nachfrage. Warum auch? Deutschland hat über 100 Gigawatt Photovoltaik-Leistung installiert – bei einem Peak-Strombedarf von 80 Gigawatt. Bis 2030 sollen es 215 Gigawatt PV-Leistung werden. Wer braucht da bei strahlendem Sonnenschein noch Windstrom? Niemand.

Aber ist das volkswirtschaftlich sinnvoll? Immerhin betreiben wir einen Maschinenpark, der große Teile des Jahres stillsteht. In der Industrie würde man das als Kapitalvernichtung bezeichnen. Grundkurs BWL, erstes Semester: Produktionsmittel müssen ausgelastet sein, die Maschinen müssen laufen. Aber gut, Windkraftanlagen bekommen auch bei Stillstand eine Vergütung. Wer interessiert sich da für Betriebswirtschaft?

Man kann nur hoffen, dass wir es bald schaffen, überschüssige Erzeugung sinnvoll nutzbar zu machen – zum Beispiel für die Wasserstoffproduktion. Nur: Auch dann muss der Strom erstmal vom Windrad zum Elektrolyseur gelangen. Wie ich schon sagte: arme Netzbetreiber.

Denn im Gegensatz zu Windmüllern werden #Netzbetreiber nicht subventioniert. Im Gegenteil. Die @Bundesnetzagentur geht stattdessen ernsthaft weiterhin davon aus, dass private Investoren sich mit einer Rendite von etwas über vier Prozent (vor Steuern!) anlocken lassen. Dabei werfen inzwischen selbst sichere Staatsanleihen höhere Renditen ab. In Bonn scheint man das Memo noch nicht erhalten zu haben. Oder man hofft auf besonders idealistische Kapitalgeber. Wer weiß.

Abseits der energiewirtschaftlichen Tristesse: Leipzig ist eine Reise wert. Das Völkerschlachtdenkmal beeindruckt nicht nur durch seine Wuchtigkeit, sondern auch durch den weiten Blick über die Stadt, besonders an klaren Tagen. Die Innenstadt atmet Geschichte, und zwar nicht nur die der DDR. Ein Besuch in Auerbachs Keller lässt Goethe lebendig werden – zumindest mit etwas Vorstellungskraft und einem Glas Wein in der Hand.

Für Familien ist der Leipziger Zoo ein echtes Highlight. Besonders gelungen: eine Bootstour durch das tropische „Gondwanaland“.

Sehr angenehm aufgefallen sind mir außerdem die vielen, netten Sachsen, die die Stadt bevölkern. Ausnahmslos freundlich, hilfsbereit, unaufgeregt. Nur das sympathische „Sächseln“ ist offenbar rar geworden. Vielleicht aus Rücksicht auf Touristen wie mich.

#Leipzig – zwischen Völkerschlacht und Netzstabilität. Eine spannende Erfahrung.

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