Technologien und Ereignisse, die für disruptive Veränderungen sorgen, werden als „schwarze Schwäne“ bezeichnet. Welche disruptiven Technologien könnten uns in den nächsten 10 Jahren in der Energiewirtschaft überraschen und dafür sorgen, dass alles ganz anders kommt, als wir es uns im Moment noch vorstellen?
Als Erstes denken wir wahrscheinlich an Fusionskraftwerke, also Großkraftwerke, die emissionsfrei funktionieren, indem sie Wasserstoff zu Helium-Atomen fusionieren und dabei große Mengen an Energie freisetzen, ohne nennenswerte radioaktive Abfälle oder Unfallgefahren zu verursachen. Die Realisation dieser Technologie liegt gefühlt immer 30 Jahre in der Zukunft und auf den ersten Blick scheint das auch heute noch der Zeitraum zu sein, den es bis zu einer Marktreife braucht.
Einige Unternehmen verfolgen jedoch innovative Ansätze, bei denen keine selbstständige Kettenreaktion angestrebt wird. Stattdessen wird die Reaktion immer wieder aufs Neue angeregt, ähnlich wie bei einem Verbrennungsmotor, bei dem jede Verbrennung durch eine Zündkerze entfacht werden muss. Solange die dafür aufgewendete Energie geringer ist als die Energieausbeute, könnte dies ein akzeptabler Zwischenschritt auf dem Weg zu Fusionsreaktoren sein.
Dann gibt es noch Wasserstoff. Bisher wird oft davon ausgegangen, dass Wasserstoff knapp und teuer sein wird, wodurch er für viele Anwendungen aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit nicht geeignet sein wird. Insbesondere in den Bereichen Mobilität und Wärmeerzeugung geht der Trend eher in Richtung Elektrifizierung.
Aber was wäre, wenn wir die Verfügbarkeit von Wasserstoff unterschätzen? Was wäre, wenn durch riesige Photovoltaik-Anlagen in den Wüsten Nordafrikas Wasserstoff in großen Mengen zu Spottpreisen hergestellt werden könnte? In diesem Fall müssten viele Annahmen überdacht werden. Vielleicht könnte Wasserstoff sogar im Rahmen einer Methanisierung als klimaneutraler Ersatz für Erdgas genutzt werden. Bitte nicht falsch verstehen: das ist derzeit äußerst unwahrscheinlich und sollte daher keine Grundlage sein, um die Elektrifizierung der Mobilität oder der Wärmewende aufzuschieben. Aber wir sprechen hier von „schwarzen Schwänen“.
In Verbindung mit Wasserstoff hat eine weitere Technologie disruptives Potenzial: künstliche Photosynthese. Ähnlich wie Photovoltaik-Anlagen nutzen auch Pflanzen das Sonnenlicht, jedoch nicht zur Stromerzeugung, sondern zur Herstellung von Kohlenhydraten. Als Zwischenprodukt entsteht dabei Wasserstoff. Technische Anlagen, die diese Prozesse imitieren und skalieren können, könnten zu deutlich reduzierten Kosten für die Wasserstoff- oder Biokraftstoffherstellung führen. Zudem würde die Nutzung von Strom nicht mehr mit der Wasserstoffproduktion in Elektrolyseuren konkurrieren. Es gäbe lediglich noch eine Konkurrenz um Flächen.
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