Wird das Stromnetz durch die zunehmende Anzahl erneuerbarer Erzeuger instabil? Gibt es vermehrt „Mini-Blackouts“, die in den offiziellen Statistiken nicht auftauchen?
Die Häufigkeit und Dauer von Stromausfällen wird in Deutschland seit Jahrzehnten nach standardisierten Verfahren gemessen und dokumentiert. Durchschnittlich sind Verbraucher pro Jahr 13 Minuten ohne Strom, wobei statistisch nur alle fünf Jahre ein Stromausfall auftritt. Diese Werte basieren jedoch auf Statistiken, die nur Unterbrechungen von mehr als drei Minuten erfassen.
Unterbrechungen von weniger als drei Minuten werden nicht systematisch erfasst und veröffentlicht. Das liegt einerseits daran, dass diese Kurzzeitunterbrechungen weniger gravierende Auswirkungen auf Verbraucher haben sollen. Es liegt aber auch daran, dass die Erfassung aller Unterbrechungen viel aufwendiger für die Netzbetreiber wäre.
Die Vermutung, dass es vermehrt zu kurzfristigen Unterbrechungen kommt, kann also mangels Datenbasis erstmal nicht widerlegt werden. Allerdings auch nicht bewiesen.
Eine Umfrage der @Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) aus Februar 2024, die unter der Überschrift „Betriebe verzeichnen hohe Zahl an #Stromunterbrechungen“ veröffentlicht wurde, erregte deswegen einiges Aufsehen und wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen. Es gibt aber einen Haken, den die DIHK selbst benennt: „Die Teilnahme war […] freiwillig und Unternehmen mit Betroffenheit […] haben vermutlich eher teilgenommen als Unternehmen ohne Probleme mit der Stromversorgung.“ Tja, das schränkt die Aussagekraft leider ein.
Auch die Bundesnetzagentur hat versucht, das Thema mit einer Umfrage zu untersuchen und 600 Industrieunternehmen angeschrieben. Aus den (nur) 101 Rückläufern hat die BNetzA den „Bericht zur #Spannungsqualität 2020“ gestrickt, der der deutschen Stromversorgung eine hohe Qualität attestiert, allerdings mit „unternehmensspezifischen“ Unterschieden – was immer das heißen soll. Wegen der Freiwilligkeit der Umfrage und der geringen Rückläuferquote ist der Bericht aber ebenfalls wenig aussagekräftig.
Siemens hat im Jahr 2022 ein „Whitepaper“ mit dem Namen „Power Quality in Zeiten der Energiewende“ herausgebracht, das auf mögliche Probleme durch Spannungs- oder Frequenzschwankungen hinweist. Diese könnten, so das Dokument, sich durch die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien verstärken. Eine empirische Datengrundlage für das Whitepaper scheint es jedoch nicht zu geben, ein wenig möchte man also vielleicht einfach nur seine Dienstleistungen vermarkten.
Grundsätzlich scheint es plausibel, dass die Einbindung von Millionen erneuerbarer Erzeugungsanlagen zu Problemen führen könnte, weil ein solches System aus der Natur der Sache heraus komplex ist. Andererseits zeigt die Alltagserfahrung, dass Stromausfälle nicht zuzunehmen scheinen.
Gibt es also vermehrt „Mini-#Blackouts“? Die ehrliche Antwort ist: man weiß es nicht. Vielleicht sollte man diesbezüglich eine Datenbasis schaffen…