Gibt es die berühmten “Dunkelflauten” überhaupt? Und sind sie wirklich so schlimm? Oder ist das nur wieder so eine typisch deutsche Angst, über die man sich im Ausland lustig macht?
Als Reaktion zu einem meiner letzten Beiträge zum Thema Batteriespeicher und ihrer Eignung zur Überbrückung von Dunkelflauten erhielt ich gemischte Botschaften. Viele waren der Meinung, ich würde das Problem übertreiben und die sogenannten “Dunkelflauten” wären wahlweise – je nach Betrachter:
- frei erfunden,
- viel seltener und kürzer als behauptet,
- durch das europäische Verbundnetz problemlos überbrückbar,
- durch eine Flexibilisierung der Nachfrage problemlos überbrückbar,
- oder nur eine Angstmache der Fossilindustrie, die weiter ihr schmutziges Geschäft betreiben will.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass empirisch messbare Daten zum Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten werden. Versachlichen wir also die Debatte durch Rückführung auf die Fakten.
Vorab: eine einheitliche Definition des Begriffs “Dunkelflaute” gibt es nicht. Einige wiesen darum darauf hin, dass “irgendwo immer der Wind wehe”, eine komplette, deutschlandweite oder europaweite Flaute gebe es darum nie. Ja, korrekt.
Dunkelflaute beschreibt aber normalerweise den Zustand, in dem die #Erneuerbaren (Wind und Sonne) nur sehr wenig zum Bedarf beitragen. Als Schwellenwert für “wenig” werden manchmal 10% und manchmal 20% des Bedarfs angesetzt. Die Häufigkeit von Dunkelflauten hängt natürlich auch von der Definition des Schwellenwerts ab. Tatsache aber ist: es gibt Dunkelflauten, die hat man nicht erfunden.
Verschiedene Studien kommen zu folgenden Ergebnissen (Quelle: Wikipedia):
- Eine zweiwöchige Dunkelflaute trat in Deutschland im Zeitraum von 2006 bis 2016 im Schnitt alle zwei Jahre einmal auf.
- In Deutschland gab es im Zeitraum von 1995 bis 2015 im Schnitt zweimal im Jahr Situationen, in denen großräumige Flauten und sonnenarme Zeiten über 48 Stunden gemeinsam auftraten.
- Auf europäischer Ebene kommt es im Durchschnitt einmal alle fünf Jahre zu Dunkelflauten von 48 Stunden.
Zur Überbrückung von Dunkelflauten gibt es zwei Möglichkeiten: entweder man passt den Bedarf an die Erzeugungskapazität an, steuert also die Nachfrage, oder man hält #Backup-Kraftwerke bereit, die witterungsunabhängig produzieren können. Das könnten zum Beispiel (mit Wasserstoff betriebene) Gaskraftwerke sein. Die Lösung für das Dunkelflautenproblem wird wahrscheinlich beides umfassen müssen.
Einige Kommentatoren bezweifelten, dass Backup-Kraftwerke nötig sind, wenn #Dunkelflauten doch nur selten auftreten. Aber anders als beim Autobahnnetz ist gelegentliche Überlastung und eine “Vollsperrung” bei Stromnetzen nicht akzeptabel. Oder würden Sie alle fünf Jahre mal ein paar Tage Blackout in Ordnung finden?
Es hilft also nichts: wir müssen Backup-Kraftwerke bauen, Nachfrage flexibilisieren und das europäische Verbundnetz stärken. Sonst geht das Licht aus. Das ist keine Frage von Meinung, sondern leider ein Fakt.